Die Schwäbische Alb

 Ökologische Bedeutung

Allgemeines

Die Schwäbische Alb zeigt den typischen Formenwandel einer Schichtstufenlandschaft vom Hangfuß des Steilabfalls im Nordwesten über den bewaldeten Hang mit seinem Felsenkranz am Albtrauf zur Kuppenalb und weiter donauwärts zur Flächenalb. Verursacht durch die unterschiedliche Reliefenergie unterscheiden sich  die donauseitigen Täler sehr von den neckarseitigen Tälern. Als Karstlandschaft besitzt die Schwäbische Alb eine besondere Hydrologie mit geringem Oberflächenabfluss und einer unterirdischen Entwässerung. Die große Massenerhebung im Zusammenwirken mit der Luv-Lee-Wirkung durch die Lage quer zur Hauptwindrichtung verursacht besondere klimatische Bedingungen, die auch der Mensch  frühzeitig erkannte: die Alb ist trotz ihrer Höhenlage Altsiedelland. Viele Reste alter Bewirtschaftungsformen sind bis heute als besondere Biotope erhalten.

Geologie/Hydrologie/Boden

Eine fossile Meeresküste (Klifflinie) aus der Tertiärzeit trennt die Alb in NO-SW-Richtung in zwei völlig unterschiedliche Landschaften, die Kuppenalb im Nordwesten, mit unruhigem Relief sowie hohem Anteil an Wald und Grünland, und die Flächenalb im Südosten, eingeebnet durch die tertiäre Meeresabrasion, teilweise mit tertiären Sedimenten und Löß bedeckt, eine reine Ackerbaulandschaft.

Die Karstlandschaft besitzt einen besonderen Wasserhaushalt, der spezielle Lebensräume geschaffen hat. So fließt in den Trockentälern nur noch zur Schneeschmelze bei gefrorenem Untergrund oder nach starken Gewitterregen Wasser. Im Normalfall versickert das Niederschlagswasser und auch das Wasser mancher Flüsse (Donau, Lone) in den Klüften des Kalkgesteins, erweitert diese zu Höhlen, fließt in den Höhlen ab und kommt in Form ganz unterschiedlicher Quellen wieder an die Oberfläche, den durch starke Schwankungen der Schüttung charakterisierten Schicht- oder Überfallquellen am Albtrauf und den Karstquelltöpfen auf der Donauseite. In den Tälern auf der Alb gibt es außerdem Hungerbrunnen, d.h. Quellen, die je nach Stand des Karstwassers schütten oder trockenfallen.

Die neckarseitigen Täler sind mit starkem Gefälle tief eingeschnitten und besitzen infolge von Kalktuffablagerungen ein gestuftes Längsprofil. Die donauseitigen Täler sind nur wenig tief eingeschnitten, besitzen ein durch die frühere Nutzung bestimmtes Nord-Süd-Querprofil mit früheren Ackerterrassen, heute meist Grünland oder Wacholderheiden auf dem Südhang und Wald oder Wacholderheiden auf dem Nordhang.

Die stehenden Gewässer – ob künstlich oder natürlich – sind durch starke Schwankungen des Wasserstandes charakterisiert, sie können auch austrocknen, besitzen deshalb eine besondere Artenzusammensetzung, da es keine Fischkonkurrenz gibt (z.B. Amphibienvielfalt).

Auf engem Raum gibt es unterschiedlichste Bodentypen, je nach Gestein (Kalk oder Mergel), Alter der Oberfläche, Exposition, Geländeneigung ... .Bodencatena: Parabraunerde – Braunerde (Terra fusca) – Rendzina – Pelosol ... .

Klima

Das Klima der Alb ist wärmer als nach der Höhe zu erwarten wäre. Bis in die 60er Jahre hinein befand sich hier der höchstgelegene Getreideanbau Mitteleuropas nördlich der Alpen. Die Schwäbische Alb ist u.a. auch deshalb Altsiedelland, und man findet noch vielerlei Reste historischer Landnutzungsformen.

Es gibt einen ausgeprägten Luv – Lee-Gegensatz. So unterscheiden sich die Niederschläge zwischen Albtrauf und Donauseite um 100%.

Auf Grund des leichten Abflusses der Kaltluft ist die Kuppenalb die sonnenscheinreichste Gegend Deutschlands. Dennoch gibt es in den Höhen zwischen 600 und 800 m extrem viel Rauhreif.

Lebensräume

Durch die Kleinkammerung der Landschaft ist eine besondere Vielzahl von Lebensräumen entstanden. Diese Biotopvielfalt hat zu einem außergewöhnlich großen Artenreichtum besonders bei Insekten und Blütenpflanzen, vor allem den Orchideen, geführt.

Es ist deshalb nicht ungewöhnlich, daß Robert Gradmann, einer der Begründer der Landschaftsökologie, am Beispiel der „Steppenheide“ der Schwäbischen Alb dargestellt hat, wie durch Zusammenwirken natürlicher und anthropogener Faktoren ein besonderer Biotop entstanden ist.

Die Schwäbische Alb ist Rückzugs- und Überlebensraum gefährdeter Tierarten. So konnten sich die Bestände von Wanderfalke, Uhu und Kolkrabe von den Felsen und Steinbrüchen der Alb wieder in Mitteleuropa ausbreiten. Schmetterlinge finden in den verschiedenen Rasengesellschaften der Alb ihre Blüten und Raupen-Nahrungspflanzen, Fledermäuse überwintern in den Höhlen der Alb.

Es gibt keine Naturlandschaften auf der Alb, alle Lebensräume sind vom Menschen geschaffen oder zumindest vom Menschen stark beeinflußt worden. Aber gerade dadurch ist die große Biotopvielfalt entstanden. Hier eine kleine Auswahl:

-          Buchenwälder auf Kalkgestein, teils naturnah mit Tannen (im Südwesten) oder Eiben, z.T. orchideenreich

-          Hutewälder mit bizarren Eichen oder Buchen

-          Hang- und Schluchtwälder mit Linden und Ulmen

-          Wacholderheiden in allen Sukzessionsstadien, Kalktrockenrasen, Halbtrockenrasen, Magerrasen, sehr artenreich, viele Orchideenarten

-          Magerwiesen, entstanden aus Mähdern und Heuwiesen, mit hohem Kräuteranteil

-          Obstwiesen mit Hochstammobstbäumen

-          Hecken, Steinriegel und Feldraine an alten Ackerterrassen

-          Steinbrüche, Massenkalkfelsen (fossile Schwammriffe) am Albtrauf und an den Hangkanten der Täler, Blockhalden mit extrem angepaßter, z.T. wärmeliebender Vegetation

-          Stehende Gewässer mit stark schwankendem Wasserstand, meist ohne Zu- und Abfluß, z.B. Karstseen, Hülen (künstlich angelegte Kleingewässer), z.T. mit vulkanischer Abdichtung

-          Karstquellen wie Quelltöpfe, Schichtquellen und Hungerbrunnen

-          Höhlen, Dolinen und andere Karsthohlformen.

 

Günther Krämer            4.9.2000